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French Open: Marathonmann Ofner dreht erneut 0:2-Satzrückstand

Österreichs aktuelle Nummer eins nimmt beim Grand-Slam-Turnier in Paris auch Sebastián Báez raus.
Verfasst von: Manuel Wachta, 30.05.2024
© GEPA pictures / Patrick Steiner
Sebastian Ofner

Die einzigen zwei rot-weiß-roten Vertreter im Hauptfeld der French Open in Paris sorgen für Aufsehen. Nachdem Sebastian Ofner und Filip Misolic schon ihre Erstrundenmatches bei Roland Garros 2024 jeweils nach 0:2-Satzrückstand noch gewonnen hatten, hat nun Ersterer dieses Kunststück in der zweiten Runde wiederholt, zum insgesamt dritten Mal in seiner Karriere. Ofner nahm dabei zu Fronleichnam auch Sebastián Baez nach Verlust der ersten beiden Durchgänge noch raus. Der St. Mareiner (ATP 45) eliminierte den an 20 gereihten, regierenden Generali-Open-Kitzbühel-Gewinner (ATP 20) nach 4:13-stündigem Kampf 3:6, 3:6, 6:4, 7:5, 7:6 (5). Hiermit darf sich der 28-Jährige berechtigte Hoffnungen machen, seinen sensationellen, erstmals geschafften Grand-Slam-Achtelfinaleinzug aus 2023 gar zu wiederholen. Denn in Runde drei wartet mit dem französischen Linkshänder Corentin Moutet (ATP 79), gegen welchen er ebenfalls noch nie gespielt hat, eine weitere lösbare Aufgabe. Für Misolic ist die Chance auf den Einzug unter die letzten 32 hingegen inzwischen ausgeträumt: Der Grazer Qualifikant (ATP 243) musste sich gegen den an 23 gesetzten Argentinier Francisco Cerúndolo (ATP 27) nach 2:04 Stunden Spielzeit mit 2:6, 6:7 (2), 0:6 geschlagen geben – am bereits späten Donnerstagabend, nach untertags zahlreichen Regenpausen. Diese hatten auch zur Folge, dass Sam Weissborn sein Auftaktmatch im Doppel mit dem Monegassen Romain Arneodo neuerlich nicht beenden konnte und jenes von Alexander Erler und Lucas Miedler abermals auf den nächsten Tag verlegt wurde.

Ofner beweist Steherqualitäten

Ofner hatte am Sonntag zunächst den französischen Wildcard-Inhaber Terence Atmane (ATP 120) nach 3:35 Stunden mit 3:6, 4:6, 7:6 (2), 6:2, 7:5 niedergerungen. Nach etlichen Regenverschiebungen der letzten Tage konnte sein Zweitrundenspiel nicht am Mittwoch ausgetragen werden, sondern erst an diesem Donnerstag. Und erinnerte frappant an die Begegnung vor vier Tagen. Wieder fand Ofner zwei Sätze lang nicht die richtigen Mittel, um seinem Gegner beizukommen – was freilich auch keine leichte Aufgabe darstellt, hat Báez ihm doch schon sechs ATP-Titel voraus; alle auf Sand, wo sich der „nur“ 1,70 Meter große, aber wieselflinke, bewegliche Südamerikaner am wohlsten fühlt und heuer in Rio de Janeiro gar schon ein erstes 500er-Turnier für sich entscheiden konnte. Ofner gelang der Start nicht nach Plan, kam nach 0:3-Rückstand bei 2:3 und 30:0 dem Ausgleich zum 3:3 zwar nahe, sah sich aber nach einem Zwischenspurt Báez’ bei 2:5 und 15:40 wieder. Insgesamt wehrte er fünf Satzbälle ab, ehe er nach einem vergebenen Breakball bei 3:5 doch den Satzverlust hinnehmen musste. Im zweiten Abschnitt lief er dem frühen Break zum 1:2 erfolglos hinterher, ein weiterer Serviceverlust nach zwei Spielbällen bedeutete am Ende den 0:2-Satzrückstand.

Doch Ofner bewies einmal mehr seine Steherqualitäten, verbiss sich in die Partie, spielte nun aggressiver. Durch Breaks im dritten und siebten Game zog er im dritten Durchgang auf 5:2 und 40:30 davon, im zweiten Anlauf klappte es mit dem Ausservieren. Im vierten Satz konnte er ein Break im ersten Spiel, trotz mehrerer Chancen für Báez, lange halten, ehe es das 4:4 setzte. Drei Gelegenheiten zur erneuten Breakführung ließ der Schützling der ATC-Akademie von Wolfgang Thiem, vor Ort durch Stefan Rettl gecoacht, bei diesem Stand liegen, aber nachdem er Báez zum 6:5 neuerlich den Aufschlag abnehmen konnte, ging es in den alles entscheidenden fünften Abschnitt. Wo Ofner erneut besser startete, nach vier abgewehrten Breakbällen bei 0:1 zu null zum 2:1 zuschlug und schon dem Sieg entgegenzusteuern schien. Doch abermals konterte Báez mit dem 4:4. Auch wenn Ofner bei 5:6 und 30:30 nur zwei Punkte vom Aus trennten und er im Finish weniger frisch als Báez wirkte, behielt er die Nerven und eilte im Match Tiebreak (bis zehn Punkte) von 2:2 auf 7:2 und 8:3 davon. Durch einen vergebenen Volleysitzer bei 8:4 ließ er sich ebenfalls nicht mehr aus dem Konzept bringen, machte anschließend die letzten zwei Punkte zum 10:5 und durfte seine Hände erleichtert in den verregneten Pariser Himmel strecken und sich von den recht zahlreichen österreichischen Fans feiern lassen.

Auch Krämpfe am Ende stoppen „Ofi“ nicht

„Ich bin jetzt schon ziemlich erledigt. Ich habe bei 7:4 im Match Tiebreak angefangen zu krampfen, in beiden Oberschenkeln“, gestand Ofner nach seinem Erfolg im Interview mit ServusTV, „aber ich habe gesagt, irgendwie fighte ich das noch durch, es sind noch drei Punkte, wo ich durch muss. Dann habe ich zum Glück das Ass auf die Linie serviert, das hat mal sehr geholfen. Unbeschreiblich – wieder 0:2 Sätze hinten und wieder irgendwie gedreht“, lächelte er ungläubig. „Aber ich habe dann richtig gut gespielt ab dem dritten Satz und ihm das ein bisschen erschwert und wahrscheinlich auch für ihn unangenehm gespielt. Aber dass ich das dann so noch drehe, das ist unglaublich.“ In den ersten zwei Sätzen habe er wohl „ein paar Fehler zu viel gemacht. Und ich finde, er hat wirklich gut gespielt, wenige Fehler – eben so, wie man es kennt. Aber danach habe ich angefangen, ein bisschen mehr abzumischen.“ Letztlich habe er gemerkt, „wenn ich vorn bin, dass er anfängt, auch ein bissl zu struggeln und immer wieder mal Fehler einstreut.“ Das Match kostete Ofner viel Substanz, stand er doch ab Spielbeginn um 11:00 Uhr bis zum, wegen mehrerer Regenpausen, späten Ende um kurz nach 19:15 Uhr unter Dauerstrom. „Es ist schwierig (damit umzugehen; Anmerkung), weil wenn die Unterbrechung ist, ist es nicht so, dass man abschaltet, sondern ist weiterhin auf Spannung und schaut, dass man den Fokus trotzdem hält, weil man nie weiß, wann’s dann weitergeht. Es ist alles andere als einfach – vor allem mental, weil man immer ready sein muss.“

Durch seinen erneuten Fünfsatz-Erfolg hat Ofner bereits 100 seiner im Vorjahr (inklusive überstandener Qualifikation) eingefahrenen 205 ATP-Punkte verteidigt – den drohenden Rückfall in der Weltrangliste konnte er dadurch deutlich mildern, im Liveranking befindet er sich aktuell auf Platz 52. Doch der Steirer will mehr, was mit Blick auf die sehr kurzen Regenerationszeiten freilich kein leichtes Unterfangen wird. Denn schon am Freitag soll er wieder einlaufen, beim vierten Spiel nach 11:00 Uhr auf Court Simonne-Mathieu, dem drittgrößten Platz auf der Anlage am Bois de Boulogne. „Das ist sehr hart, nach so einer Partie keinen Tag Pause zu haben, das ist ein bisserl komisch“, gestand Ofner. „Ich habe jetzt gekrampft am Schluss. Das wird jetzt richtig taff bis morgen, da 100 Prozent fit zu werden. Ich werde alles dafür tun und dann schauen, wie es mir morgen geht.“ Immerhin könnte auch seinem nächsten Kontrahenten Moutet die Regeneration nicht leicht fallen. Denn der 25-Jährige ging gegen den kasachischen Günter-Bresnik-Schützling Alexander „Sascha“ Shevchenko (ATP 59) nach 2:53 Stunden Spielzeit erst um exakt 21:30 Uhr am Abend als 6:4,-6:2,-0:6,-6:3-Sieger vom Platz.

Misolic kämpft diesmal vergebens

Misolic hatte sich in Frankreichs Hauptstadt beim achten Versuch erstmals für den Main Draw eines Grand Slams qualifiziert und darauf in der ersten Hauptrunde den finnischen Lucky Loser Otto Virtanen (ATP 156) mit 4:6, 4:6, 6:3, 6:4, 6:2 niedergekämpft. Drei Tage später vermochte er im Gegensatz zu Ofner keinen erneuten Comeback-Sieg nach 0:2 in Sätzen zu landen. Dabei startete er, als krasser Außenseiter gegen Cerúndolo, gut in die Partie, nach einer 2:1-Führung gelang ihm im ersten Satz jedoch kein Spielgewinn mehr. Ein nach 40:15 und einem dritten Gameball kassierter Aufschlagverlust zum 2:3 brachte die Vorentscheidung. Im zweiten Durchgang hielt er noch weitaus besser dagegen, holte sich im sechsten Spiel gar das erste Break und führte 4:2 und 30:0 bei eigenem Service. Darauf setzte es allerdings Aufschlagverluste zum 4:3 und 5:6. Misolic fightete nochmal zurück, schaffte das Rebreak und rettete sich ins Tiebreak, wo er aber chancenlos war. Im dritten Abschnitt glückte dem 22-Jährigen trotz hartem Kampf bis zum letzten Punkt letztlich kein Spielgewinn mehr. Dennoch konnte er sich in Paris immerhin 75 ATP-Zähler sichern und wird in der Weltrangliste deutlich wieder unter die Top 200 zurückkehren. In den Liverankings nimmt der Kitzbühel-Sensationsfinalist von 2022 derzeit Rang 184 ein, 58 Positionen hinter seiner bisher besten Platzierung. Dazu stellen die 110.000 Euro für den Zweitrunden-Einzug seinen bislang klar größten Preisgeldscheck dar.

„Am Anfang habe ich mich gut gefühlt, dann war leider die Regenunterbrechung“, stellte Misolic nach seiner Partie fest. „Ich habe gewusst, dass ich gegen ihn aggressiv spielen muss, sonst hat man gegen solche Spieler keine Chance.“ Im zweiten Satz habe er aber „super gespielt, ich habe das Break auf 4:2 gemacht, 30:0 gehabt, dann kam leider das Rebreak.“ Trotz seiner letztlich klaren Niederlage wollte er nicht Trübsal blasen: „Ich bin stolz auf mich. Es waren zwei super Wochen.“ Wohin das Preisgeld wandert, das wisse er schon: „Ich werde versuchen, es so gut wie möglich in mich zu investieren. Damit ich da hinkomme wie zum Beispiel ein Cerúndolo. Da wartet sehr viel Arbeit“, gestand er ein. Doch Matches gegen solche Spieler würden ihm auch zeigen, woran er arbeiten müsse. Im Allgemeinen sah er seit seinem Viertelfinaleinzug beim ATP-Challenger-Heimturnier in Mauthausen einen Aufwärtstrend: „Seither spiele ich immer besser.“ Das wolle er bei den nächsten Turnierstarts zeigen. Wo diese sein werden, das war allerdings noch nicht klar. Derzeit hat Misolic noch keinen Fixplatz in der Wimbledon-Qualifikation, somit sei auch noch nicht sicher, ob es für ihn auf Rasen oder Sand weitergehe.

| GEPA pictures / Patrick Steiner

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